Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

wohlwollendem Sinne. Dieser Einfluß, der sich auch auf die All 
täglichkeiten des Lebens bezog, war dem Erzherzog höchst un 
bequem, und die überhäufigen Inspizierungsreisen waren zum Teil 
in diesem Umstand begründet. 
Die Truppen der Brigade waren durchwegs vortrefflich. Das aus 
gezeichnete Infanterieregiment 19 hatte Oberst von Grivicic, einen 
tüchtigen Mann, zum Kommandanten. Die 11er Jäger in Güns und 
die 83 er in Steinsmanger waren gleichfalls sehr brav. Letztere wurden 
dann durch die 26 er ersetzt, ein aus Wien kommendes, parade 
mäßig hervorragend geschultes, in der Schießausbildung exzellieren- 
des Regiment. Der Kommandant, Oberst von Schweizer, war Israelit 
und charakterfest genug, es auch zu bleiben, obwohl man ihn gern 
zum Prosefyten gemacht hätte. 
Györ w^ar damals eine mittelgroße, aufblühende Stadt, die nach 
Anlage und Bauart ihren einstigen deutschen Charakter im Kern 
bewahrt hatte, sonst aber bereits magyarisiert war. Die ungarische 
Regierung gestaltete sie zu einer Hochburg magyarischer Industrie. 
Desgleichen war sie seit altersher ein Stapel- und Umsatzplatz land 
wirtschaftlicher Produkte und berühmt durch ihre Pferdemärkte. 
Ein Wahrzeichen bildeten die Schweinemastanstalten, die die Stadt 
gleich den Forts einer Lagerfestung umgaben und gegen normale 
Geruchsorgane auch verteidigten. Ideal war das Reitterrain. Rine 
Lust, die Pferde in langen Galoppaden an alle Arten von Hinder 
nissen zu gewöhnen! 
Die Gesellschaft war echt ungarisch gesinnt, doch nicht chauvi 
nistisch, bis die große Agitation — 1902 — einsetzte. In der weiteren 
Umgebung gab es Landsitze des Adels und der Gentry. Im nahen 
Györ-Szabadhegvi war eine Division der 9 er Husaren einquartiert, 
die einen Sammelpunkt des Hochadels bildete, durchaus charmante 
Männer, mit denen sich’s sehr angenehm verkehrte. Auch der hohe 
Klerus spielte eine Rolle, zumal Raab einer der ältesten und be 
deutendsten Bischofssitze Ungarns ist. In der Nähe befindet sich 
auch das berühmte Benediktinerstift Panonhalma, eine der groß 
artigsten kirchlichen Schöpfungen Ungarns. Besonders die Bibliothek 
besitzt mit Recht einen Weltruf. 
Der Dienst als Brigadier und Stationskommandant ließ mir 
genügend Zeit zur Abfassung einer militärischen Monographie Raabs. 
Diese uralte Siedelung hatte viele kriegerische Ereignisse vorüber 
ziehen gesehen. Die Kämpfe, als es noch eine römische Kolonie ge 
wesen war, die Türken- und Kuruzenkriege, die Schlacht bei Szaba- 
dhegyi im Jahre 1809 und schließlich die Kämpfe in den Jahren 1848 
und 1849. Mein Generalstabsoffizier, Oberleutnant von Straub, stellte
	        
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