Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

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Generale, vornehmlich Generalmajore und Titulargenerale, die Ge 
wählten. Die sollten über mich, einen der obersten Generale der Ar 
mee, einstigen Kriegsminister und Armeeführer urteilen! Eine be 
sondere Eigentümlichkeit lag überdies darin, daß sich darunter auch 
ein General befand, der im Gerichtsprozeß als von der Anklage be 
rufener Sachverständiger fungiert und vollkommen im Sinne der An 
klage referiert hatte. Es war ein Hohn auf jegliche Tradition, diesen 
notwendigerweise befangenen Mann in das Richterkollegium zu wäh 
len, und es war vielleicht noch bezeichnender, daß man meinen Pro 
test dagegen vollkommen unberücksichtigt ließ. 
So war ich denn nochmals in einen Kampf gestellt, in dem alles, 
was Macht und Geltung besaß, gegen mich stand, und ich mich auf 
nichts und niemanden zu stützen vermochte. 
Für die Urteilssprechung eines Ehrenrates bedurfte es durchaus 
keines Beweisverfahrens. Die geschlossene oder nicht geschlossene 
Kette von Beweisen und Gegenbeweisen brauchte für die Beisitzen 
den und Urteilenden nicht maßgebend zu sein, die nach,, freier innerer 
Überzeugung“ zu urteilen hatten. Zweifelsohne ein vornehmer hoch 
herziger Grundsatz, der jedoch leider in vielen und zwar just in sen 
sationellen Fällen mit unsern damaligen Einrichtungen und Über 
kommnissen schwer zu vereinen war. 
Natürlich gab ich mich nach all dem Erlebten über die Grund 
stimmung, die im Ehrenrat herrschte, keiner Illusion hin. Außerdem 
erkannte ich die Richtigkeit dieser Auffassung auch aus der ernsten 
Physiognomie des Mannes, der mir als einziger unter den Urteilenden 
wohlwollend und freundschaftlich gesinnt war, General der Infanterie 
Baron Woinowich. 
Nachdem mein Verteidiger, Feldzeugmeister P'rank und ich den 
Irrwahn zu bannen suchten, als wäre in meinem Verhalten etwas 
gelegen gewesen, was gegen die gemeinsame Standesehre verstoßen 
könne, stellte ich wiederholt die Frage, ob irgendein Punkt etwa noch 
der Klärung bedürfe, worauf volles Stillschweigen herrschte. Doch 
jenem General, der als Sachverständiger im Gerichtsprozeß fungiert 
hatte, sah ich/s an, daß er nur darauf brenne, um dann — in meiner 
Abwesenheit — seiner Ansicht den schärfsten i^usdruck zu geben. 
Die Diskussion gestaltete sich dann auch äußerst lebhaft, ja direkt 
heftig. Jener General tat aus eigener und — anderer Absicht sein 
Bestes, um mir den Boden abzugraben. Er fand aber an Baron 
Woinowich einen gewiß nicht minder überzeugten Gegner, der von 
der Richtigkeit seiner Anschauung so durchdrungen und von der 
Empörung über das Vorgehen des anderen so erschüttert war, daß 
es zu bewegten Szenen kam.
	        
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