Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

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bedingt verurteilen würde!“ Auf die verzweifelten Ausrufe meiner 
Frau, die insbesondere das Ablegen der Charge als Unmöglichkeit 
und Ehrlosigkeit ansah, wiederholte der Minister seine dringende 
Aufforderung, versprach seine persönliche Befürwortung und die 
baldige und günstige Erledigung. Meine Frau wollte die Zustimmung 
nicht geben und wehrte sich gegen das Ansinnen, das man ihr be 
reits am 13. Mai zum erstenmal gestellt und das sie schon damals 
mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen hatte. 
Ganz zermürbt kam sie heim und berichtete mir das Vorgefallene. 
Ich sträubte mich natürlich mit Leib und Seele gegen diesen Rat 
des Ministers. 
Doch schon am folgenden Tag kam ein Schreiben des Ministers 
an meine Frau, darin er mitteilte, daß er an oberster Stelle bereits 
referiert habe und daß ich das Abolitionsgesuch raschestens einsenden 
möge. 
Diese Eile ließ mich aufhorchen. Mit Gebräuchen persönlicher Be 
richterstattung wohl vertraut, wußte ich, daß eine solche beim alten 
Kaiser an gewisse Formalitäten geknüpft war, und man ohne tags- 
vorher erfolgte Anmeldung nur in den seltensten Fällen vorgelassen 
wurde. Auch waren Privataudienzen stets in den Blättern verzeichnet. 
Beides traf hier nicht zu. Da ich aber mala fides doch unmöglich 
annehmen konnte, mußte ich des Glaubens sein, daß eine expeditive 
Behandlung ganz besonders gewünscht werde. Ja, ich gab der Hoff 
nung Raum, daß man eine Formel gesucht und gefunden hatte, diese 
meritorisch unmöglich gewordene Untersuchung einzustellen und 
mich zu rehabilitieren. In diesem Gedanken und unter der furcht 
baren Depression, unter der ich seit vielen Wochen maßlos Gequälter 
mich befand, entschloß ich mich endlich schweren Herzens, das Abo 
litionsansuchen einzuschicken, bevor mir noch die Anklageschrift 
zugestellt worden war. Ich handelte gegen meine bessere Einsicht. 
Allerdings fiel es mir auch jetzt nicht bei, die Sühne, die man haben 
wollte, meine Charge, anzubieten. Ich bat um die Abolition des Ver 
fahrens, natürlich in jener deferenten Weise, die damals bei einem 
Majestätsgesuch üblich war. 
Die Erledigung blieb zunächst aus. Dagegen wurde mir drei Wochen 
später die Anklageschrift zugeschickt, aus der ich zu meiner größten 
Überraschung ersah, daß die Anklage umgestellt sei, und daß iqh 
demnach um die Abolition einer supponierten Verfehlung gebeten 
hatte, deren man mich gar nicht mehr bezichtigte. 
In jenen Tagen starb General Graf Uexküll, an dessen letzter 
Lebenskraft die ihm so odiose Mission eines Gerichtsherrn gegen 
meine Person zweifellos gezehrt hatte. Eine Erledigung meines Ge
	        
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