Volltext: St. Pölten (III / 1928)

Das St. Pöltener Stadttheater.*) 
Von Stadtrat Stephan Buger. 
Um das Jahr 1820 tat sich in St. Pölten eine kleine Schar kunstbeflissener Bürger 
zusammen, um ein Theater zu erbauen. Klein war damals das Städtchen, kaum 4000 Ein 
wohner zählend. Dennoch wagte man den riskanten Schritt. Die Gesellschaft des Theater 
baues in St. Pölten, so nannte sich die neue Vereinigung, forderte die Bevölkerung auf, 
Aktien zu kaufen, das Stück zu den für damalige Verhältnisse sehr hohen Betrag von 200 fl. 
Groß war die Zahl der Zeichnungen nicht. Die Werbung zog sich über ein ganzes Jahr hin 
und brachte endlich 69 Aktien an den Mann und ergab die Summe von 13.800 fl., für 
die damalige Zeitläufte recht ehrend, zumal ja in dem Städtchen nicht allzu viel wohlhabende 
Leute gewohnt haben. Der Schritt war getan, man gründete die Aktiengesellschaft und ging 
daran, einen passenden Bauplatz ausfindig zu machen. Dieser fand sich in dem sogenannten 
Stockhaus (Militärstrashaus) auf dem „Breiten Markt", eben an der Stelle, wo heute noch 
das Theater steht. Das Kaufobjekt gehörte der Gemeinde. 
Wann mit dem Theaterbau begonnen wurde, konnte bis heute nicht festgestellt werden, 
doch ist sicher nachweisbar, daß der Bau im Jahre 1826 fertiggestellt war, welches Jahr 
daher als das Geburtsjahr unseres Theaters bezeichnet werden darf. Ein ausschließliches 
Theatergebäude zu errichten war von vorhinein nicht die Absicht der Gesellschaft, denn das 
Haus sollte vielfachen Zwecken dienen. In dem Traisenstädtchen gab es damals keine Saal 
räumlichkeiten (wenn man von der im Trumpfschen Hause, heute Wienerstraße Nr. 20 be 
standenen Saalbühne absieht, die von Wandertruppen hie und da benützt wurde), welche 
für Bälle, Konzerte und Geselligkeiten geeignet gewesen wären. Ein solches Haus wurde 
nun erstellt. Allein schon im ersten Bestandjahr stimmte die Rechnung nicht ganz und in den 
darauffolgenden Jahren verschlimmerte sich die finanzielle Situation immer mehr, zuletzt so, 
daß 1837 die Zahlungseinstellungen erfolgten. So endete nach kaum lOjährigem Bestehen 
das erste Theaterunternehmen, bis es schließlich in den bewegten Tagen des Jahres 1848 
zur Auflösung der „Gesellschaft des Theaterbaues" kam. Bei einer öffentlichen Feilbietung 
im Jahre 1849 erstand der Bürger Josef Somnier das Theatergebäude samt Zubehör um den 
Betrag von 4.100 sl. Gleich daraus im August desselben Jahres veräußerte er das Gebäude 
an die Bürger-Separatkasse, wodurch es mit dem Vermögen dieser Vereinigung der Stadt 
gemeinde zusiel und heute noch Eigentum dieser ist. Von da ab bis zum Jahre 1879 spielte 
man schlecht und recht auf unserer Stadtbühne. Selten hielt es ein Theaterdirektor länger 
als ein Spieljahr aus. Ein einziger Direktor leitete die St. Pöltener Bühne sechs Jahre 
(1860—1866). Im letzten Jahre seines Wirkens wurde der Musentempel als Notkaserne benützt. 
Daß dieser unerwartete Wechsel dem Theater nicht zum Vorteile gereichte und den beginnenden 
Verfall noch beschleunigte, ist selbstverständlich Das Jahr 1879 brachte für die Stadt wie 
*) Mit Benützung eines im Vereine für Landeskunde gehaltene» Vortrages des verstorbenen Altbürgermeisters 
Dr. Karl Heitzler. 
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