Volltext: St. Pölten (III / 1928)

Die finanzwirtschaftlichen Grundlagen der Stadtverwaltung. 
147 
Lösung dringlich fordern. Von diesen beiden Problemen erscheint auf den ersten Blick das 
Einkommensproblem als das brennendere, weil es sich aus den Nöten der laufenden Ver 
waltung täglich neu aufdrängt. Aber auf lange Sicht, wenn wir nicht bloß den Bedrängnissen 
des Augenblicks entrinnen, sondern wenn wir die Gestaltung der Zukunft planvoll vorbereiten 
wollen, dann erhebt sich noch bedeutsamer das Vermögensproblem. Dieses wollen wir 
zunächst ins Auge fassen. 
Das Vermögensproblem. 
Vermögensbesitz einer Gemeinde scheint auf den ersten Blick insoferne von Bedeutung 
zu sein, als er in seinen Erträgnissen eine Beisteuer zur Aufwandwirtschaft des öffentlichen 
Haushaltes liefert. In der Tat sind sichere, regelmäßig eingehende Vermögenserträgnisse 
in der Führung der Gemeindewirtschaft eine große Hilfe und eine Stadt, die mit dergleichen 
rechnen kann, ist bei der Aufstellung ihres Haushaltplanes sehr begünstigt. Aber wichtiger 
als der Ertrag des Gemeindevermögens ist für die Führung der Geschäfte seine Substanz. 
Dies gilt in erster Linie vom liegenden Besitz. Solcher ist eine maßgebende, obschon nicht 
die einzige und auch nicht die allein ausreichende Grundlage der Kreditfähigkeit einer Stadt 
verwaltung. mithin die Voraussetzung einer vorteilhaften Anleihepolitik. Sodann aber ist 
liegender Besitz ein unentbehrliches Hilfsmittel zur Durchführung wichtigster Verwaltungs 
ausgaben. Eine Stadt ohne ausreichenden Eigenbesitz kann allenfalls regieren, aber nicht 
wirksam verwalten. Sie ist gehemmt in jeder schöpferischen Tätigkeit. Daher ist es ein alt 
bewährter Leitsatz der Kommunalpolitik, daß Gemeindebesitz erhalten und auch 
vermehrt werden müsse. Es wird wohl gestritten, bis zu welcher Grenze solche Ver 
mehrung gehen soll. Eine derartige Grenze ist aber kaum zu ziehen; denn je reicher eine 
Gemeinde an materiellen Hilfsquelle», desto vollkommener kann sie ihre Aufgaben erfüllen. 
Wenn hier doch versucht wird, Anhaltspunkte zur Ermittlung eines für die gesunde Ent 
wicklung unserer Städte nötigen Mindestausmaßes an Gemeindebesitz zu geben, so 
nur, weil auch in dieser Hinsicht in Österreich noch sehr ungeklärte Ansichten bestehen. 
Offensichtlich soll eine Stadtgemeinde, die im Wachstum begriffen ist, schon allein aus 
sozialpolitischen Gründen jeweils einen großen Teil des noch unverbauten Ge 
ländes in ihrer Hand haben. Nur so kann sie für Wohnungs- und Siedlungszwecke Boden 
in genügendem Ausmaße bereitstellen, gleichviel, ob sie selbst die Wohnhäuser baut oder 
ob sie den Baugrund Genossenschaften und Privaten zur Verfügung stellt, hiedurch preis 
regulierend auf den Grundstückmarkt einwirkt und der Spekulation entgegentritt. 
Ebenso offensichtlich ist es, daß die Stadtgemeinde sich für ihre engeren Verwaltungs 
zwecke jeweils rechtzeitig all die Grundstücke verschafft haben soll, die in 
irgend absehbarer Zeit benötigt werden können für Regulierungen und Stadt 
erweiterungen, für Straßen und Plätze, Parkanlagen und Grünflächen, für öffentliche Gebäude 
und Anstalten aller Art. Hat sie das unterlasse», dann ist sie in all diesen Dingen sehr 
gehindert, ist sie alle paar Jahre bei irgend einem auftretenden Bedarf gezwungen, sich das 
benötigte Gelände zu Konjunkturpreisen zu beschaffen. Ausreichender Grundbesitz in der 
Hand der Gemeinde liefert also nicht nur Erträgnisse, sondern vermindert auch die Kosten 
der laufenden Verwaltung. Erwägen wir nun das Tempo und die Formen, in denen eine 
moderne Stadt sich ausdehnt und in denen die öffentlichen Bedürfnisse der oben angeführten 
Art auftreten und sich vervielfältigen, denken wir daran, daß zum Beispiel allein für Grün 
flächen etwa der fünfte Teil des Stadtareales ausgespart bleiben soll, so sehen wir
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.