Volltext: St. Pölten (III / 1928)

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St. Pölten. 
Es fällt vor allem die Bevölkerungszunahme zwischen den zwei Zählungen von 1900 
und 1910 auf. Das ist die Periode, in welcher die größten St. Pöltener Industriebetriebe 
I. M. Voith und Österreichische Glanzstoffabrik erstanden. In diesem Jahrzehnt vermehrte 
sich die Bevölkerung um mehr als die Hälfte. Der zweite Aufschwung ergibt sich aus der 
Differenz der Zahlen für die Jahre 1920 und 1923. Hier wirkt sich die Eingemeindung 
der heutigen Außenbezirke Groß-St. Pöltens, Viehofen, Spratzern und Wagram aus. 
Nach der Zählung vom Jahre 1923 entfallen von der Gesamtbevölkerung der Stadt 
auf die Innere Stadt 80-7%, als größter Bezirk schließt sich an Spratzern mit 7%, 
Viehofen mit 6-4% und als kleinster Bezirk Wagram mit 5-9%. 
Ein nicht uninteressantes, von der Struktur anderer Städte abweichendes Bild gewährt 
ein Vergleich der 
Prozentsätze der beiden Geschlechter. 
Das Jahr 1891 könnte man als das „ideale Heiratsjahr" bezeichnen, denn der Verhältnis 
satz der weiblichen Bevölkerung betrug in diesem Jahre nur 44-1 % der Gesamtbevölkernng, 
während normal die weibliche Bevölkerung fast überall etwas mehr als die Hälfte darstellt. 
Den Gegensatz hiezu bildet das Jahr 1920, in welchem der Verhältnissatz der weiblichen 
Bevölkerung den der männlichen, soweit Zahlen vorliegen, das erste und einzige Mal 
überstieg, allerdings nur um 11 Köpfe! Doch schon 1923 sinkt der weibliche Prozentsatz 
wieder auf 49-3 %. 
Seither liegen wohl getrennte Bevölkerungsziffern nicht vor, doch läßt der größere Über 
schuß der weiblichen Geburten gegenüber den Sterbefällen darauf schließen, daß die 
Tendenz auch in St. Pölten die eines Frauenüberschusses ist. Namentlich das Jahr 1926 
deutet darauf hin, in welchem die weiblichen Geburten die Sterbefälle um 22 überwiegen, 
während die männlichen Geburten um 38 hinter den Sterbefällen zurückbleiben. 
Im Zusammenhange dainit die Bevölkerung (nach der Aufnahme von 1923) nach dem 
Stande 
betrachtet, ergibt: Berheiratet »0,3 « 
geschieden, verwitwet, getrennt 4.1% 
ledig 55.6 %. 
Der Prozentsatz der ledigen Personen beträgt also nicht viel über die Hälfte der 
Bevölkerungszahl. 
Sehr wesentlich für die soziologische Beurteilung einer Stadt sind die Zahlen, welche die 
berufliche Schichtung 
erfassen sollen. Hier waren die Unterlagen sehr schwer zu gewinnen und mußten zum Teile 
kompliziert errechnet werden. Denn schon die Volkszählung des Jahres 1923 (als die für 
einen Vergleich noch heranzuziehende früheste Untersuchung) ging noch von recht anti 
quierten statistischen Gesichtspunkten aus. Diese Volkszählung basiert auf der gesellschaftlichen 
„ständischen" Reihung und bringt dadurch ein vollkommen falsches Bild über die berufliche 
Gliederung der Menschen eines Gemeinwesens. Es werden nämlich Hausfrauen und Haus 
gehilfen als „Zubehör" zum Haushaltungsvorstande aufgefaßt und nicht, wie wir heute seit 
dem Frauenwahlrechte es gewohnt sind, als eigener Beruf „Haushalt" geführt, sondern der 
Berufsgruppe des Haushaltungsvorstandes zugezählt. Es geht also die Volkszählung von
	        
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