Volltext: Der Josephinismus

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IV. 
POLITIK 
Die politischen Anschauungen des Josephinismus sind weniger 
einheitlich als die des religiösen Bezirkes. Gerade bei ihnen 
haben wir genauer zu unterscheiden zwischen dem gewisser 
maßen ursprünglichen Josephinismus der oberen Bürokratie 
und dem politischen Vulgärjosephinismus der breiteren Schich 
ten, der Akademiker und des Bürgertums überhaupt. 
Die politischen Grundanschauungen des Josephinismus, wie sie 
zunächst im Laufe der Zeit entstanden waren, sind ihrem 
Ursprung nach weitgehend ein Niederschlag des aufklärerischen 
Denkens. Dennoch zeigen sie in ihrer Summe besondere, 
„josephinisch“ anmutende Züge. Zunächst einmal ist entschei 
dend, daß für die politische Auffassung des Josephiners der 
Staat in den Mittelpunkt des Denkens gerückt erscheint. Durch 
aus im Sinne der Aufklärung ist es, wenn der Joscphiner die 
Glückseligkeit des Menschen als hervorragend wichtiges Ziel 
betont 1 . Nach josephinischer Auffassung ist die Wohlfahrt der 
Menschen aber in erster Linie durch den Staat und seinen Ein 
fluß herbeizuführen. Es ist nicht zu verkennen, daß in diesem 
Punkt Joseph II. ebenso sehr von den werdenden Anschauungen 
des „Josephinismus“ getragen ist wie er auf der anderen Seite 
durch die politische Praxis als Regent veranlaßt wird, die 
zentrale Bedeutsamkeit des Staates als das Maß aller Dinge 
herauszustellen. Dieses Durchdrungensein von der Sendung des 
Staates ist es ja auch letztlich gewesen, das Idee und Praxis 
des zentralisierten Einheitsstaates unter Joseph II. entstehen 
*) Der Popularphilosoph Gottfried Immanuel Wenzel formuliert als „höchsten 
und letzten Zweck des Staats“ den „Schutz der Rechte aller Einzelnen“ sowie 
den Genuß der größtmöglichen Freyheit eines Jeden“. Vollständiger Lehrbegriff 
der gesamten Philosophie dem Bedürfnisse der Zeit gemäß eingerichtet. Linz 
und Leipzig 1804, III, 530.
	        
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