Volltext: Die Denkmale des politischen Bezirkes Schärding

Kunstgeschichtlicher Überblick. 
XVII 
Jedenfalls zeigt der stilistische Befund, daß der Neubau der Schärdinger Pfarrkirche weit mehr der öster 
reichischen als der bayrischen Schule angehört. Ein Vergleich mit der nahegelegenen, im Bautypus ähnlichen 
Stiftskirche in Fürstenzell, einem gesicherten Werke Joh. Michael Fischers, zeigt dies deutlich. Während 
Fischer den Raum breit und weiträumig erscheinen lassen will, ist der Innenraum der Schärdinger Kirche 
hoch und aufstrebend 1 ). Dementsprechend sind in Schärding an Stelle gekuppelter Pilaster Pilasterbündel 
04 + 1 H - !4) angeordnet; der Sockel und das Hauptgesimse sind verhältnismäßig niedrig gehalten, um die 
schlanken Pilasterschäfte zur vollen Geltung zu bringen, während Fischer durch hohe Sockel und schweres Gebälk 
die Pilasterhöhe möglichst zu vermindern sucht. Entscheidend für die Höhenwirkung ist aber vor allem die Lage 
der Emporen: in Schärding über dem durchlaufenden Hauptgesimse, so daß die Arkadenbogen bis zum Architrav 
hinaufgeführt werden können, in Fürstenzell in der Höhe der Kapitale, die durch die geschnitzten Gitter über 
der Emporenbrüstung zu einem bewegten ornamentalen Band zusammengefaßt erscheinen. Der zweite wesent 
liche Unterschied liegt in der streng kubischen, geradlinigen Raumgestaltung: das Langhaus setzt eckig gegen 
das Presbyterium ab und die Pilaster des Triumphbogens stehen frontal. Fischer dagegen rundet die Lang 
hausecken ab und stellt die Triumphbogenpilaster schräg. Die Schweifung der Emporenbrüstungen in Schär 
ding — vielleicht eine spätere Veränderung Fischers — ist für den Raumeindruck nicht bestimmend, da die 
Schweifung der Brüstungen nicht über das Gesimse vortritt. In Fürstenzell baucht sich der ganze Kapellen 
bogen vor und verschmilzt so den Kapellen- und Emporenraum mit dem Langhaus. Selbst die Musikempore 
ist in Schärding geradlinig abgeschlossen. Erscheint diese klassische Strenge des Baues fast wie zurückgeblieben, 
indem sie an Frühbarockbauten, wie etwa die Jesuitenkirche in Passau, erinnert, so lassen doch die abgewogenen 
Proportionen und die konsequente Durchbildung des Grundgedankens den klaren künstlerischen Willen er 
kennen, der sich seiner besonderen Einstellung bewußt ist. 
Engelszell und Suben sind dagegen typische Beispiele des bayrischen Hochbarock. Trotz gewisser Ähnlich 
keiten zwischen Engelszell mit dem Umbau der Kirche des Mutterklosters Wilhering zeigt doch ein Ver 
gleich die durchaus andere Auffassung in der architektonischen Raumgestaltung. Engelszell ist der Typus der ein 
schiffigen Saalkirche mit Kapellen; aber dieser einfache Saalraum wird in eine Abfolge verschiedener Kuppel 
räume unterteilt, die doch wieder zu einer Raumeinheit verschmolzen scheinen. Das Schema ist ähnlich wie 
in Diessen oder bei St. Anna am Lehel: ein zentralisiertes Langhaus mit Kapellen, ein quadratischer Kuppel 
raum mit abgerundeten Ecken und ein tiefer, halbkreisförmiger Chor. Gegenüber dem älteren Schema von 
Diessen zeigt Engelszell die Weiterbildung, daß das Langhaus durch eine leichte Ausbauchung der Längsseiten 
und Abrundung der Ecken einem Oval angenähert ist. Die Einflüsse Joh. Michael Fischers sind unverkennbar. 
An einen anderen Typus des bayrischen Rokoko schließt sich der Neubau von Suben an. Auch hier handelt 
es sich darum, daß ein einschiffiger Saal rhythmisiert wird, der Akzent wird aber hier genau in die Mitte ver 
legt: gleichmäßig steigt die Raumkurve von dem Vorjoch (mit Musikchor) zur Mittelkuppel auf und fällt sym 
metrisch wieder zum Presbyterium ab. Die mittelbare Abstammung von der vorarlbergisch-schwäbischen Schule 
mit einem mittleren Querschiff oder querschiffartigen Kapellen (Obermarchthal, Weißenau, Weingarten) und der 
unmittelbare Einfluß des Spätwerkes Joh. Michael Fischers, der Stiftskirche in Rott am Inn, zeigt sich 
darin deutlich. In Suben wird diese Grundform noch dadurch kompliziert, daß der Mittelraum als Kreuz mit 
seichten Querarmen gebildet wird und in die einspringende Kreuzwinkel Kapellen eingestellt werden. Ob 
der uns überlieferte Namen Simon Freys nur dem ausführenden oder auch dem entwerfenden Architekten 
gilt, muß so lange unentschieden bleiben, als wir nichts Näheres über die Persönlichkeit des Baumeisters fest 
stellen können. 
Den Abklang des Barock und den Übergang zum Klassizismus bezeichnet die Pfarrkirche in Zell a. d. Pram 
vom jüngeren Cuvillies. Die bayrische Tradition ist in der Breiträumigkeit auch hier noch durchzufühlen; 
aber die komplizierten Raumdurchdringungen und Raumspaltungen haben sich zu einer klar einzusehenden 
Einräumigkeit aufgelöst, die schwingenden Raumkurven haben sich beruhigt; hell, kühl und nüchtern ist der 
Gesamteindruck. Neben den Architekten, die von auswärts kommen, wären noch an heimischen Baumeister- 
h Das Verhältnis der Höhe der Oberkante des Hauptgesimses zur Schiffbreite ist in Schärding ungefähr 1:1, in Fürstenzell 4:5. 
XXI III
	        
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