Volltext: Das Verkehrswesen nach dem Kriege [34/35]

jacenten" zum Baue der Lokalbahn auszugleichen. Von den 
Privatbahnen wird aus der erwähnten Vermögensverschiebung 
entsprechender Nutzen gezogen. Die Gemeinden leisten Bei¬ 
träge zur Errichtung von Stationen und Haltestellen, sie (und 
die namhaften Grundbesitzer) stellen Gründe teils unentgeltlich, 
teils zu sehr ermäßigten Preisen zur Verfügung. Die Indu¬ 
striellen verpflichten sich zum Abschlüsse von Schleppbahn- und 
„Garanties-Verträgen (über die Verfrachtung einer Mindest¬ 
menge bei sonstigem Strafgeld) usw. Bei allen diesen Verhand¬ 
lungen ist der Staat in einer viel schwierigeren Lage. Die er¬ 
wähnten Interessenten sind entweder Politiker oder sie haben 
politischen Einfluß. Sie wissen ihn, durch Vermittlung von 
Parlamentariern, nachdrücklich zur Geltung zu bringen. Und 
viele Forderungen und Wünsche müssen von der Staatsbahn- 
Verwaltung bewilligt werden, die die Privatbahnen auch nicht 
im geringsten berücksichtigen würden — Forderungen und 
Wünsche, die sich als völkische und politische Notwendigkeiten 
gebärden und doch nur rein persönlichem Nutzen dienen. Da¬ 
raus ist ersichtlich, daß selbst Lokalbahnen, die bei den Privat¬ 
bahnen mit Rücksicht aus ihre Anlagekosten und ihre Betriebs- 
führung ertragreich wären, in den Händen des Staates trotz 
allen vielfach ausgestellten Vereinfachungs- und Neuordnungs¬ 
maßnahmen durchaus unrentabel sind. Selbst die besten, die 
sogenannten „selbständigen" (teils im eigenen Betriebe befind¬ 
lichen, teils vom Staat oder von Privaten für Rechnung der 
Eigentümer betriebenen) Lokalbahnen verzinsen das Anlage¬ 
kapital durchschnittlich nur mit 2,12 Prozent; die geldliche 
Belastung des Staates hat bloß durch diese Bahnen vor dem 
Kriege alljährlich mehr als 10 Millionen Kronen betragen. 
(Nach dem vom k. k. Eisenbahnministerium im Jahre 1908 
herausgegebenen Werk: „Die österreichischen Bahnen niederer 
Ordnung", dessen jetzt schon in Vergessenheit geratene Ziffern 
vor größeren Ausgaben für Lokalbahnzwecke nur allzudeutlich 
warnen.) Schließlich wäre zu erwähnen, daß die Lokalbahn 
nur einem verhältnismäßig kleinen Kreis dient. Das ist gewiß 
vom wirtschaftlichen Standpunkt erfreulich, aber nicht anders, 
als wenn sich dieser Kreis einer verbesserten Fabrikations¬ 
methode, einer vollkommeneren Maschine u. dgl. bedienen 
würde. Deshalb ist an dem Bau einer Lokalbahn, falls sich die 
Gegend bereits im Bereiche einer Hauptbahn befindet, die 
Gesamtheit nicht mehr wie bei jedem anderen Wirtschasts- 
fortschritt interessiert. Damit stimmen auch die Erfahrungen 
überein, die dartun, daß die Lokalbahnen „den Anschlußbahnen 
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