Volltext: Unsere künftige Wirtschaftspolitik [20]

-r 
/ 
gezogen wurde. Mit der Fortdauer dieser Mächtegruppen 
muß gerechnet werden, denn wenn auch kleinere Veränderungen 
nicht ausgeschlossen sind, so bleiben doch die beiden Kristalli¬ 
sationspunkte, nämlich Deutschland und England-Frankreich 
bestehen; denn nach dem Kriege entfällt zwar die Notwendigkeit 
der Führung, umso größer wird aber nach den ungeheueren 
Verheerungen die Notwendigkeit einer Stühe sein. Damit 
hört eine Fiktion auf, an der lange festgehalten wurde. Bis 
ins neunzehnte Jahrhundert hinein glaubte jeder Staat abso¬ 
luter Herr seines Wirtschaftslebens zu sein. Handelsverträge 
mit fremden Staaten schloß er nur ausnahmsweise, und dann 
nach dem Grundsätze der Gegenseitigkeit, indem von Fall zu 
Fall Leistung und Gegenleistung genau abgewogen wurden. 
Als die Allsgestaltung der Verkehrsmittel zu einem engeren 
Warenaustausch führte, stellte man sich schließlich aus den 
Standpunkt der Meistbegünstigung, der eine grundsätzlich 
gleiche Behandlung der fremden Waren ohne Rücksicht auf ihr 
Ursprungsland ermöglichte. Nun bietet die Meiftbegünstigungs- 
klausel zu viel Vorteile, als 'daß ihre vollständige Beseitigung 
wahrscheinlich ist, aber sie wird Raum gewähren müssen für 
eine reichere Gliederung, sodaß enger verbündeten Staaten 
eine Vorzugsbehandlung eingeräumt werden kann. Das han¬ 
delspolitische Schema der Zukunft wird also in seinem allge¬ 
meinsten Aufriß lauten: Vorzugsbehandlung für die 
Verbündeten, Meistbegünstigung für die Neutralen 
und Abwehr gegen die Feinde. Dabei ist aber zu be¬ 
achten, daß sich die Mittel der äußeren Handelspolitik nicht auf 
Zolltarif und Handelsverträge beschränken, sondern in den 
Frachttarifen, öffentlichen Lieferungen, gewerbepolizeilichen 
Bestimmungen usw. eine sehr wesentliche Verschärfung oder 
Abschwüchung erfahren können. Selbstverständlich werden auch 
die im Kriege üblichen Bezeichnungen „Verbündete, Neutrale, 
Feinde" im Frieden nicht verwendet werden, aber der sachliche 
Gesichtspunkt wird bleiben. Eine gewisse Schwierigkeit entsteht 
dabei durch die englischen Kolonien, die mit dem Mutterlande 
ohnedies schon in einem Vorzugsverhältnis stehen und nun eine 
20
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.