Volltext: Die k. k. Tabakfabrik zu Schwaz in Tirol

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geriimes machte es sogar notwendig, daß die 
Reichsstraße aus der Mitte des Ortes zuerst in 
den »Neuen Markt« (heute Fabriksstraße) und 
später an das Innufer verlegt wurde, um eine 
übergroße Steigung der Fahrbahn zu vermeiden. 
Durch das Ausscheiden eines so gewichtigen 
Interessenten wie das k. k. Montanwesen aus der 
Verbauungskonkurrenz fand sich die arme Ge¬ 
meinde Schwaz neuerlich einer stärkeren finan¬ 
ziellen Belastung ausgesetzt; so wurde das 
trostlose Schicksal dieses Ortes zu Anfang des 
vorigen Jahrhunderts für die Regierung endlich 
zu einer bestimmenden. Ursache, hier mit Not¬ 
standsaktionen helfend aufzutreten. 
Die Zerstörung von Schwaz durch die 
Gräuel des Brandes und der Plünderung im 
Kriegsjahre 1809 (15. - und 16. Mai 1809) 
vollendete das unermeßliche Unglück, welchem 
der einstige Vorort deutschen Bergbaues anheim 
fallen sollte. Der von Schwaz in den unseligen 
Maientagen des Jahres 1809 erlittene Schaden 
wurde behördlich mit 1,618.000 Gulden be¬ 
rechnet und es bedurfte der rastlosen Arbeit 
vieler Jahrzehnte, das Gemeinwesen mit seinen 
spärlich verfügbaren Mitteln aus tiefem Elende 
wieder aufzurichten. 
Ebenso landkundig wie die frühere Pracht 
und Üppigkeit der Einwrohner wurde jetzt die 
Not, Armut und Verkommenheit der Schwazer 
Bevölkerung, vornehmlich der einstigen Knapp¬ 
schaft; unter der »armen Gesellschaft vom 
Berge« fanden die Volkskrankheiten »Wetter¬ 
sucht« und Schwindsucht als eine Folge des 
Berufes, der schlechten Unterkünfte und der 
Unterernährung eine furchtbare Verbreitung. 
Die von Kaiser Franz IL, von der Kaiserin 
und vom Allerhöchsten Hofstaate von 1816 bis 
1830 reichlich gespendeten Almosen genügten 
nicht, der Verelendung der Einwohner sowie der 
Verrohung der Jugend zu steuern. Straffe Er¬ 
ziehung zur Arbeit und Schaffung von Erwerb 
war nach Anschauung aller Kenner der Ver¬ 
hältnisse der einzige Weg, um einer ersprie߬ 
lichen Zukunft den Boden zu bereiten. 
Das erstere wurde im Jahre 1825 durch 
die Gründung einer Zwangsarbeitsanstalt in 
St. Martin bei Schwaz angebahnt; für das letztere 
wußte namentlich die »Armenkommission« un¬ 
ablässig einzutreten. 
Die Wahl vieler Tabakfabriks-Standorte 
wurde nicht selten mitbestimmt durch Ma߬ 
nahmen, welche auf Hebung der wirtschaftlichen 
Wohlfahrt verarmter Gemeinden und Landstriche 
abzielten (Notstandsaktionen zur Linderung des 
Bauern-, Weber- und Knappenelends); nur eine 
geringe Anzahl von Fabriken wurde aus vor¬ 
wiegend merkantilen Rücksichten, nämlich: Nähe 
von Tabakbaugebieten, Lage, Verkehr, billige 
Erwerbung von Baugründen, Betriebsmitteln und 
Arbeitskräften ins Leben gerufen. 
Die Geschichte des österreichischen Tabak¬ 
monopols gliedert sich organisch in zwei Ab¬ 
schnitte : 
1. Die Verpachtung (Appaltierung) des 
Gefälles von 1662 bis 1783, 
2. der Betrieb des Monopols in staatlicher 
Regie seit 1784. 
Die »oberösterreichische« Hofkammer hatte 
für Tirol mit dem Appalto schon 1662 be¬ 
gonnen; dieses System war jedoch seit 1676 
mit zollpolitischen Maßnahmen (Einfuhr- und 
Konsumzölle auf Tabak) vertauscht worden. 
Während der Tabakanbau in Nordtirol durch 
strenge Verbote unterdrückt wurde, genoß Süd¬ 
tirol für die Kreise in Rovereto und Trient seit 
1763 und 1783 die Anbaubegünstigung. 
In den "Hofresolutionen« von 1783 wurde 
dem Tiroler Landes-Gubernium eröffnet, »daß 
Seine Majestät in Tirol nach dem Beispiele aller 
übrigen deutschen Kronländer auch den Tabak- 
Appalto und das Stempelamt von nun an ein¬ 
geführt wissen wolle, zu deren Einleitung also 
das Gubernium ohne mindesten Verzug einen 
standhaften Plan einzusenden habe«. Damit ver¬ 
einbare sich die volle Gleichstellung der Unter¬ 
tanen im ganzen Lande »et in onere et in utili«, 
so daß die Südtiroler Kreise vor den Nord¬ 
tirolern nichts mehr voraus hätten. 
Aber das Zeitalter der Revolutionskriege, 
die Verbindung Tirols mit Vorderösterreich und 
die Lage der geistlichen Enklaven Trient und 
Brixen hemmten die Ausführung der Monopols¬ 
tendenzen, welche erst einige Zeit nach der kgl. 
bayerischen Zwischenregierung wegen der Be-
	        
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