Volltext: XIII. Jahrgang, 1908 (XIII. JG., 1908)

Nr. 10. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 77. 
jeder Bauausführung wird jetzt seitens der betreffenden 
Behörde auf sorgfältige Befolgung der hiefür gültigen 
Grundsätze geachtet. In früheren Zeiten hatte man hiefür 
wenig Sinn, die aus den Abortanlagen kommenden Ab¬ 
fallstoffe wurden einfach in dazu hergerichteten, meist 
durchlässigen Gruben gesammelt und von Zeit zu Zeit 
geleert, während die Abfallwässer von Küchen etc. in 
offenen Straßenrinnsteinen abgeführt wurden. Diese Rinn¬ 
steine wurden mit der Zeit so schlecht, daß das darin 
befindliche Ablaufwasser verdunstete und die Luft verdarb. 
Gegenwärtig haben sich diese Zustände wesentlich 
gebessert. Die Abfallwässer der Klosetts müssen des¬ 
infiziert werden und fließen unterirdisch in die Straßen¬ 
kanäle, die sogenannten Schleusen, den Flußläufen zu, 
nachdem sie von Schlamm gereinigt sind. 
Es haben sich nun einige Firmen die löbliche Auf¬ 
gabe gestellt, diese Klärung der Abfallwässer in zweck¬ 
mäßiger Weise nach bestimmten durch Erfahrung er¬ 
worbenen Grundsätzen nach baupolizeilicher Vorschrift 
auszuführen. Eine der bedeutendsten ist unstreitig die 
Firma M. Friedrich & Glaß in Leipzig, sie erfreut sich 
eines großen Rufes und hat in vieljähriger Arbeit eine 
bedeutende Anzahl solcher Desinfektionsanlagen ausge¬ 
führt, die sich allerwärts Anerkennung erworben haben 
und namentlich seitens der Behörden empfohlen wurden. 
Diese gesundheitstechnischen Anlagen erstrecken sich 
nicht allein auf die Klärung von Klosettwässern, sondern 
auch auf alle gewerblichen Abwässer, ferner auf die 
Ventilation von Arbeitsräumen, Trinkwasserfiltration, 
Wasserleitung etc. 
Vor kurzem hat die Firma eine Schrift in Druck 
erscheinen lassen, welche über das Wesen, System und 
die Ausführung von solchen gesundheitstechnischen An¬ 
lagen Auskunft erteilt und die wegen ihrer Klarheit, 
ihres gediegenen lehrreichen Inhaltes wohl für jeden 
Gebildeten, namentlich für den Bautechniker von Interesse 
sein muß. 
Wir lesen da zunächst, daß die schädigenden Wir¬ 
kungen der Abwässer in Beimischung von organischen 
Stoffen in übelriechenden Fäulnisprodukten und dem 
Mangel an Sauerstoff bestehen. 
Die Reinigung der Abwässer kann nun durch die 
Berieselung, Filtration, chemische Füllungsmittel, mecha¬ 
nische Klärung erfolgen. Die Berieselung ist die natür¬ 
liche im Gegensatz zu den andern, welche mit künst¬ 
lichen Mitteln ausgeführt werden. Jedoch ist die Be¬ 
rieselung nur für städtische Abfallwässer anwendbar, wie 
sie z. B. in Berlin eingeführt ist, in wenig Fällen für 
industrielle und zwar solche, welche ihrer Natur nach 
die gleiche Beschaffenheit besitzen, auch ist selten die 
nötige Fläche und Lage mit geeigneter Bodenbescliaffen- 
heit vorhanden, um dieses System in gehöriger Weise 
durchführen zu können. 
Die Filtration für große Mengen von Abfallwässern 
wird, wie bei der Berieselung, durch den Erdboden be¬ 
sorgt oder bei kleinen Mengen auf künstliche Weise 
durch Sand, Kies, Koks etc., letzteres Material ist am 
besten dazu geeignet, umsomehr als der Koks dadurch 
nicht unbrauchbar wird, sondern verfeuert werden kann, 
wobei zugleich der darin zurückgehaltene Schlamm mit 
vernichtet und unschädlich gemacht wird. 
Die ReinigungdurchchemischeFüllungsmittel geschieht 
dadurch, daß dem Abwasser Klärmittel, meist Ätzkalk 
in Form von Kalkmilch, eventuell mit andern, der Eigen¬ 
art des Abwassers entsprechenden Chemikalien zugesetzt 
wird, wodurch ein großflockiger Niederschlag erzeugt 
wird, welcher in Sammelgruben oder Brunnen sich ab¬ 
setzt. Die Klärung auf mechanischem Wege wird er¬ 
reicht, indem das Wasser die mitgeführten Schlammstoffe 
in Bassins oder Brunnen bei vollständiger Ruhe oder 
sehr langsamer Bewegung absetzt. 
Die Vereinigung dieser beiden Systeme ist in der 
Praxis jetzt allgemein üblich und sind sie bei den meisten 
x\nlagen zur Ausführung gekommen. 
In der genannten Schrift von M. Friedrich & Glaß 
sind die verschiedensten von derselben im In- und Aus¬ 
lande ausgeführten Anlagen erläutert und dargestellt, so 
z. B. für Leder-, Seide-, Woll- und Baumwollfärbereien, 
für Brauereien, Papier- und Seifenfabriken, Schlacht¬ 
höfe etc. 
Die beigefügten Zeugnisse bestätigen den Erfolg 
dieser ausgeführten und seit Jahren in Betrieb befind¬ 
lichen Anlagen. 
Ein besonderes Kapitel ist den in unseren Wohn¬ 
gebäuden üblichen Klosetts mit Wasserspülung gewidmet, 
deren Abwässer bekanntlich in die Straßenschleusen 
eingeführt, vorher aber desinfiziert werden müssen. Die 
Firma hat hiefür eine besondere Klärungsmethode kon¬ 
struiert; eine nähere Beschreibung unter Beifügung von 
Holzschnitten erklärt diese Anlagen, es würde zu weit 
führen, hier dieses System näher zu beschreiben, wir 
erwähnen nur, daß die Klosettwässer zuerst in eine im 
Hofe hergestellte Vorgrube gelangen, dortselbst durch 
Beimischung von geeigneten Desinfektionsmitteln des¬ 
infiziert werden, alsdann fließen sie in die Hauptklär¬ 
grube und schließlich noch in eine Nachklärgrube, aus 
der sie vollständig gereinigt in die städtischen Schleusen 
abfließen. 
Die Reinigung der Abfallwässer in den großen 
Städten, sowie diejenige der Abgänge aus den Fabriken 
ist als ein zeitgemäßes Thema, als eine brennende Frage 
zu betrachten, die schon wiederholt zu den verschiedensten 
Meinungsaustauschen geführt hat. Die Firma M. Fried¬ 
rich & Glaß hat sich dieser Aufgabe mit großem Eifer 
unterzogen und sie ihrer Lösung näher gebracht. Es ist 
deshalb angemessen, ihrer mit Anerkennung zu gedenken 
und sie allen Interessenten in vorkommenden Fällen zu 
empfehlen. 
Bauausstellung Stuttgart 1908. 
Nur noch einen Monat und die große Bauausstellung 
wird eröffnet sein. Von der Witterung begünstigt, sind 
die Arbeiten zu den Einzelbauten im Stadtgarten und 
auf dem Gewerbehalleplatz schon so weit fortgeschritten, 
daß sich ein Gang durch das Ausstellungsgelände wohl 
verlohnt. 
Ist man von der Schellingstraße aus durch den 
Haupteingang des Stadtgartens, zugleich der Eingang 
zur Ausstellung, eingetreten und durchschreitet die 
schönen Gartenanlagen mit den Rasenflächen, Beeten 
und Wasserbecken, so leuchten einem bereits die Sonder¬ 
bauten entgegen, die unmittelbar hinter dem Musik¬ 
pavillon und dem Stadtgartenrestaurant beginnen. Zu¬ 
vorderst liegt der Pavillon der Ziegelwerke Höfer & Oie., 
Stuttgart, biegen wir dann nach rechts ab und umgehen 
die bekannte kleine Teichanlage, so passieren wir nach¬ 
einander das Sommer- und Ferienhaus des Regierungs¬ 
baumeisters Dollinger, das ländliche Arbeitereinzelwohn¬ 
haus, das im Auftrag des Geheimen Kommerzienrats
	        
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