Volltext: 130. Heft 1914/17 (130. Heft 1914/17)

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Geschütze der Llnterseebootzerstörer und 
Landelsdampfer. 
Von Oberingenieur C. E. Heymann. 
Infolge der großen Erfolge unsrer II-Boote und der 
dadurch in ein kritisches Stadium getretenen Fracht¬ 
raumnot sieht sich die englische Regierung veranlaßt, 
im dritten Kriegswinter erneut die Bewaffnung sämt¬ 
licher Handelsschiffe zu planen. Aber woher die Kanonen 
nehmen, nachdem man den gesamten Vorrat aller erdenk¬ 
lichen Kaliber, selb ^reichlich alter Konstruktionen, an die 
eigene Front hat schaffen und die Alliierten auch damit 
hat versorgen müssen. Frankreich hatte es bis Ende 1916 
nur auf 20 bewaffnete Handelsdampfer gebracht. 
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Das Sperrgebiet im /Hörd/ichen Eismeer 
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Da ist denn der rettende Gedanke auch auf diesem 
Gebiete wiederum von Amerika gekommen und man 
hat ihn schleunigst auch in England aufgegriffen, wie 
alles, was an Kriegsrüstung und Material von Amerika 
dauernd erfunden und angeboten wird. 
Für Amerika bestand zunächst das Problem, ein 
leistungsfähiges, d. h. auf mindestens noch 5000 Meter 
sicher treffendes leichtes Schnellfeuergeschütz für kleine 
Wacht- und Patrouillenboote zu schaffen. Als solche 
hat sich nämlich die amerikanische Marine für den Kriegs¬ 
fall (mit Japan) die Hilfsdienste mehrerer hundert 
Privatjachten mit Motorantrieb gesichert. Schon im 
Sommer 1916 zog sie derartige freiwillige Flottillen zu 
Übungen der Marineres eröe heran, die hauptsächlich 
zum Aufstöbern und Vernichten von Unterseebooten 
mittels Gefchützfeuers Verwendung finden sollen. 
Als Bewaffnung hat man nach angestellten Ver¬ 
suchen leichtere Ballonabwehrkanonen vorgesehen, die 
den in der Luftschiffahrt, namentlich bei den Zeppelinen 
gemachten Fortschritten gegenüber, sich nicht mehr als 
genügend leistungsfähig erwiesen haben. Durch Nach¬ 
tragsetat zum Flottenbudget sind aber im Frühjahr 1916 
neue schwerere Ballonabwehrgefchütze von 7,6 Zenti¬ 
meter Kaliber (10-Psünder) für sämtliche amerikanischen 
Linienschiffe bewilligt worden. 
Hierdurch sind die älteren, leichteren Ballonabwehr¬ 
geschütze von 3,7 Zentimeter und 4,7 Zentimeter Kaliber 
(Ein- und Dreipfünder) auf den großen Kriegsschiffen 
überflüssig geworden. Zum Gebrauch gegen v-Boote 
will man sich jedoch mit ihnen auf den erwähnten 
kleinen Fahrzeugen behelfen und, um sie noch leichter zu 
machen, mit neuen Mittelpivot-Wiegelafetten versehen, 
bei denen der Höhenrichtmechanismus (bis zu 70 Grad) 
fortgelassen und auf höchstens 40 Grad beschränkt wird. 
Diesen Gedanken hat ein englischer Flottenlord 
nun auch für die Bewaffnung der Handelsdampfer auf¬ 
gegriffen und selbständig auch 
an die verfehlte Luftabwehr- 
organisation Englands auf 
dem festen Lande gedacht. Er 
hat die Überweisung der als 
zu leicht befundenen Lust- 
abwehrgeschütze an die Han¬ 
delsflotte empfohlen, weshalb 
uns dieseGeschütze eingehen¬ 
der wie seither interessieren. 
Diese kleinen Schnell¬ 
feuergeschütze verschiedener 
Herkunft haben durchweg 
35 bis 50, einige sogar bis 
zn 70 Kaliberlängen, und 
ihre Leistung ist daher sehr 
verschieden. Da das Schu߬ 
feld sich über 360 Grad er¬ 
streckt, müssen sie nach allen 
Seiten fr ei auf gest eilt werden, 
was den Unterfeebootmann¬ 
schaften die Feststellung der 
Bewaffnung wiederum er¬ 
leichtert. Die Feuergeschwin¬ 
digkeit beträgt 25 bis 30 
Schuß in der Minute, eine 
gut eingeübte Bedienungs¬ 
mannschaft vorausgesetzt. 
England leidet aber nicht 
gerade Überfluß an verfüg¬ 
baren Kanonieren. Bei 40 Grad Höhenrichtung hat der 
Dreipfünder eine durchschnittliche Schußweite von etwa 
7000 Meter. Der Scheitelpunkt der Flugbahn liegt dabei 
aber gegen 2000 Meter hoch und dieser Steilschuß ge¬ 
währleistet wenig Treffsicherheit auf ein verschwindend 
kleines und bewegliches Ziel auf dem Wasser. 
Bei 20 bis 25 Grad Erhöhung ist die Schußweite 
erheblich kürzer (etwa 5000 Meter) und die Flugbahn 
des Geschosses immer noch so steil, daß die Treffsicherheit 
nur unwesentlich größer wird. 
Ehe genügend neue schwerere Geschütze vorhanden 
find, können die als unbrauchbar ober ungenügend ver¬ 
worfenen leichteren nicht ausgewechselt werden und ihre 
Umänderung erfordert sodann ebenfalls noch viel Zeit. 
Im übrigen ist das moderne Unterseeboot, wie wir 
wissen, selbst mit Geschützen bewaffnet, welche der¬ 
artigen Notbehelfen gewiß nicht nachstehen. Die völker¬ 
rechtswidrige Bewaffnung der feindlichen Handels¬ 
flotten kann uns daher in dieser Form weder schrecken, 
noch ihnen sehr viel nutzen, aber bis zu ihrer voll¬ 
ständigen Durchführung unsern Feinden noch viel nutz¬ 
loses Kopfzerbrechen verursachen.
	        
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