Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Libin-Lubenz. 
Bearbeitet von 
Ing. Leo Polesie, Reichenberg. 
W eit gehen die Anfänge dieser alten Judengemein¬ 
den zurück. Aus den Grabsteininschriften des noch 
heute bestehenden Friedhofes in D r a h e n z (c. Dra- 
honice) wurde festgestellt, daß schon um das Jahr 
1400 in Drahenz eine Gemeinde bestanden hat. Eine 
Urkunde aus dem Jahre 1604 gibt uns Kunde, daß der 
Friedhof in D. mit einer festen Mauer umgeben 
werden durfte. — Die Betstube befand sich 
gleichfalls in D. an der Stelle des gegenwärtigen Hau¬ 
ses Holley. 
Die umliegenden Dörfer Widhostitz, Mokotil und 
Libin waren um diese Zeit stark von Juden bewohnt. 
Erst um das Jahr 1790 wurde der Sitz der Gemeinde 
D. nach Libin (c. Libynë) verlegt, so daß die Bet¬ 
stube in L. nicht mehr ausreichte und man zu Beginn 
des 19. Jhts. eine Sammlung für den Bau eines 
Tempels durchführen mußte. 
Der damalige Besitzer der Herrschaft Graf Lazan- 
sky schenkte der Gemeinde zum Bau des Tempels 
den Bauplatz und die Steine. Bereits im J. 1830 wurde 
mit dem Bau des Tempels in L., gleichzeitig mit dem 
Bau der kath. Kirche in Lubenz, begonnen. Im J. 1832 
konnte der Tempel bereits seiner Bestimmung zu- 
geführt werden. Yon außen glich der Tempel mit 
seinen streng nüchternen Linien den josefinischen 
Bauten des 18. Jhts. Im Innern befand sich eine ba¬ 
rockartige Wölbung, hochgelegene große Fenster, 
starke, wuchtige Mauern und eine von Steinsäulen ge¬ 
tragene Frauengalerie. 
Tempel in Libin (Außenansicht) 
Mit dem J. 1848 begann auch die Abwanderung 
der Juden aus L. und L. verlor immer mehr und! mehr 
an Bedeutung. Der größte Teil der Libiner Juden 
übersiedelte indas nahegelegene Lubenz (c. Lubenee), 
wo von der K. G. das Privathaus Steiner für Zwecke 
der Volksschule und der Rabbinerwohnung angekauft 
wurde. 
Spärlich sind die Quellen über die früheren Funk¬ 
tionäre und Leiter dieser Gemeinden. Als K. V. wirkte 
bis zum J. 1896 Abraham L ö w y, Gerber aus Lubenz, 
nach dieser Zeit mit einer kurzen Unterbrechung 
Edmund Herrmann und bis zum heutigen Tage 
Rudolf Zentner aus Lubenz. 
Von Religionslehrern sind bekannt: Kraus (1885 bis 
1892), Herz (1892—1898). Vom Jahre 1898 bis zum 
J. 1928 wirkte als Rabbiner, Prediger und Religions¬ 
lehrer Rudolf P o 1 e s i e. Geb. am 25. August 1866 in 
Liebeschütz bei Saaz als Sohn des bekannten jüdl. Leh¬ 
rers und späteren Rabbiners Karl Polesie, widmete er 
sich nach Absolvierung der Volksschule in Mirowitz 
dem Lehrberufe. Er wirkte zuerst (1888—1893) in 
Schönwald b. Tachau. Hierauf als Religionsweiser und 
Lehrer in Groß-Cakowitz bis 1894. Bis zum J. 1897 
als Prediger und Schulleiter der konz. isr. Religions¬ 
schule in Liebesnitz, wo er gleichzeitig den deutschen 
Privatunterricht an der öffentlichen sechsklassigen 
Volksschule leitete. 1898 trat er eine Stelle als Schul¬ 
leiter und Rgl. in Datschitz in Mähren an. Nach 
Erlangung der Dispens als Rabbiner übernahm 
er am 1. Dezember 1898 die Stelle eines Rabbiners 
und Lehrers der K. G. Libin-Lubenz, wo er bis zu sei¬ 
nem Tode, also beinahe 30 Jahre, eine segensreiche 
Tätigkeit entfaltete. Durch seine besonderen Eigen 
Schäften und großen Kenntnisse erfreute er sich in 
allen Kreisen und Schichten der Bevölkerung seines 
Wirkungskreises der größten Beliebtheit und genoß 
hohes Ansehen. 
Das Amt eines Vorstehers der Ch. K. versah vom 
J. 1896—4929 Leopold Glaser. Ihm war es zu dan¬ 
ken, daß der uralte Friedhof in Drahenz erhalten 
blieb und durch Renovierung und Erweiterung noch 
heute in Benützung steht. 
Über das Schicksal des Libiner Tempels ist noch 
Rb. Rudolf Polesie 
Rudolf Zentner 
(Lubenz) 
Libin 1 
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