Volltext: Die k. k. Tabakfabrik zu Schwaz in Tirol

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arnmng an die Stelle des früheren Wohlstandes; 
die stolzen Gewerken verließen mit ihrem unter¬ 
nehmenden Anhange die nicht mehr bauwürdige 
Stätte, nachdem »ihrer viele sich hoch verbaut 
und am Berg verdorben und gestorben«. 
Elementare Ereignisse : die Juli-Erdbeben 
von 1670, die Lahnbach-Ausbrüche von 1669, 
1739, 1781 und 1807, endlich Mißwachs und 
Seuchen (1611 und 1632) beschleunigten den 
Niedergang der stattlichen Ortschaft; die häu¬ 
figen Streiks, in denen sich einst der Unmut 
der » armen Bergwerks -Verwandten« austobte, 
entrollen ein tieferschütterndes Bild sozialen 
Elends. 
Besonders die Vermurungen durch den 
Lahnbach (von »Lahn«==Lawine) haben dem 
Schwazer Gemeinwesen empfindliche Schäden 
und Verbauungsunkosten verursacht. Auch die 
Tabakfabrik liegt unmittelbar im Gefahren¬ 
bereiche dieses »Wildwassers«, indem die nörd¬ 
liche Umfriedung des Betriebes nur durch einen 
4 m breiten Fahrweg von der Uferschutzmauer 
des Lahnbaches getrennt ist. 
Der Lahnbach kommt für die Schwazer 
Tabakfabrik mehrfach in Betracht: als Betriebs¬ 
kraft und Nutzwasserleitung, ferner als eine 
obschwebende Gefahr, der wiederholt mit finan¬ 
ziellen Opfern begegnet werden mußte; deshalb 
wird hier eine kurze Besprechung dieses Wild¬ 
baches geboten sein. 
Das östliche Berggelände von Schwaz ruht 
auf einem Sockel von mürbem Tonglimmer¬ 
schiefer (Phyllit), in welchem die von steilem 
Gehänge herabstürzenden Quellbäche eine tiefe 
Furche eingeschnitten haben. Das eigentliche 
Quellgebiet des Lahnbaches liegt in der »Proxen«, 
einer Hochmulde von Augengneis, welcher den 
Gipfelaufbau des »Kellerjoches« zusammensetzt. 
Bei Hochgewittern oder nach langen Regengüssen 
bewirkt das Abgleiten lockerer Geschiebe im 
oberen und mittleren Bachlaufe eine Verklausung 
der engen Gerinneschlucht. Das angeschwollene 
Wildwasser durchbricht sodann diese natürlichen 
Staudämme und die schmutzigbraunen, schlam¬ 
migen Fluten wälzen den Schutt der Schlipf¬ 
massen, dann Steinblöcke und Hölzer in die 
Talniederung herab, auf der sich das Bett des 
Lahnbaches zumeist schon in geschichtlicher 
Zeit allmählich wie ein Damm erhöhte. 
Die ältesten, sicheren Nachrichten über 
Lahnbach-Ausbrüche stammen aus dem 14. und 
15. Jahrhundert. Wegen der ständigen Ver- 
schüttungsgefahr, mit welcher der Lahnbach den 
gewerbefleißigen Ort bedrohte, wurde frühe 
(bereits um 1553 und 1669) die Notwendigkeit 
einer regelrechten Verbauung des Wildbaches 
erkannt und die berufenen Kommissionsglieder 
verlangten damals die Skarpierung der Mur¬ 
brüche, die Bepflanzung und Sicherung der 
steilen Lehnen, die Anlage von Talsperren und 
Stufen, um eine Verklausung der Bachgräben 
zu verhüten. 
Dieser einzig richtige Plan scheiterte stets 
an der Schwierigkeit, die erforderlichen Mittel 
im Wege einer umständlichen »Konkurrenz« 
aller Beteiligten aufzubringen. 
Der Lahnbach führt im Frühling zur Zeit 
der Schneeschmelze und im Herbste vor Beginn 
starker Schneefälle und Fröste auf seinem 
äußerst kurzen Laufe ergiebige Wassermengen; 
desto dürftiger sind aber, seine Zuflüsse im Hoch¬ 
sommer und im strengen WTinter. Ungeachtet 
dieses sehr ungleichmäßigen Wasserzuflusses 
wurde das nutzbare Lahnbächgefälle dennoch 
seit Jahrhunderten gewerblich verwertet, zunächst 
durch »Bauernmühlen« und Sägen, dann auch 
vom k. k. Montanwesen für den Betrieb von 
Poch- und Scheidwerken und von Schmieden. 
Auf die außerordentlichen »Lahnbach-Aus¬ 
hilfen« der Regierung von 1553 und 1624 
folgten seit 1741 »Konkurrenz«-Beiträge des 
k. k. Montanwesens und des k. k. Straßen- und 
Wasserbau-Ärars für die Gerinne-Erhaltung und 
»Aussteinung« des Lahnbaches. Das k. k. Montan¬ 
wesen war jedoch seit der gänzlichen Einstellung 
der Schwazer Baue (1827 und 1828) darauf 
bedacht, sich dieser Verbindlichkeit mangels 
eines beitragpflichtigen Realbesitzes zu entziehen. 
Die erwähnte Beitragsverpflichtung blieb aber 
für das »k. k. Straßenbau-Ärar« umsomehr be¬ 
stehen, als die vom Staate erhaltene Reichs¬ 
straße durch Lahnbach-Ausbrüche öfter auf weite 
Strecken zerstört wurde. Die durch Schutt¬ 
ablagerung entstandene Erhöhung des Lahnbach-
	        
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